Verzerrte Realität: Wie Google-Bewertungen an Glaubwürdigkeit verlieren

Google-Bewertungen galten lange Zeit als verlässliche Quelle, um in einer neuen Stadt die besten Hotels und Restaurants zu finden. Auch ich habe mich oft an den am besten bewerteten Orten orientiert, um zu entscheiden, wo ich essen oder übernachten möchte. Doch in den letzten Jahren hat die Glaubwürdigkeit dieses Bewertungssystems stark gelitten. Immer häufiger wird berichtet, dass negative oder kritische Bewertungen gelöscht werden, was den Wettbewerb und die Aussagekraft der Bewertungen erheblich verzerrt.

Unternehmensinhaber können Bewertungen leicht melden, woraufhin Google diese umgehend entfernt und eine Überprüfung einleitet. Wie schnell und einfach dies funktioniert, habe ich diese Woche selbst erlebt, als ich in Freiburg den angeblich besten Dönerladen besuchte. Mein Kebap war jedoch enttäuschend: fad, das Fleisch verbrannt und kaum Sauce. Also schrieb ich eine faire 3-Sterne-Bewertung auf Google, in der ich erwähnte, dass das Personal freundlich und das Restaurant ansprechend war, der Kebap jedoch qualitativ zu wünschen übrig ließ. Eine legitime Bewertung, wie ich finde – schließlich sind Geschmäcker verschieden. Doch nur wenige Stunden später erhielt ich eine E-Mail von Google, in der es hieß: „Google hat eine Beschwerde über die nachfolgende(n) URL(s) aus den folgenden rechtlichen Gründen erhalten: Verleumdung.“ Meine Bewertung wurde entfernt, und mir wurde die Möglichkeit gegeben, eine Beschwerde einzureichen.

Das Beschwerdeformular verlangt jedoch den Klarnamen, eine E-Mail-Adresse, eine eidesstattliche Versicherung und einen Nachweis, dass man tatsächlich dort war, wie etwa einen Kassenbeleg. Diese Vorgehensweise ist problematisch, da sie die Hürden für eine erneute Bewertung unnötig hoch ansetzt und den Eindruck erweckt, als solle der Bewertungsprozess eher zugunsten der Unternehmen und nicht der Verbraucher gestaltet werden. Zudem stellt sich die Frage, wie eine subjektive Meinung über einen Kebap als „Verleumdung“ betrachtet werden kann. Das aktuelle Prozedere untergräbt das Vertrauen in die Authentizität und Transparenz der Bewertungen und lässt Zweifel daran aufkommen, ob Kritik überhaupt erwünscht ist, wenn sie nicht durch aufwändige Beweise gestützt wird.

Wer hebt schon alle Kassenbelege auf, besonders beim Kebap-Essen, um Google später nachweisen zu können, dass man tatsächlich dort war? Und wer nimmt sich die Mühe, ein umfangreiches Formular inklusive eidesstattlicher Versicherung auszufüllen, nur um einem einfachen Fast-Food-Restaurant mitzuteilen, dass es noch Verbesserungsbedarf gibt? Ich denke, die wenigsten werden diesen Aufwand betreiben, was die Bewertungen erheblich verzerrt.

Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass nicht alle Unternehmen jede negative Bewertung sofort melden und eine Überprüfung durch Google veranlassen. Das bedeutet im Umkehrschluss vermutlich, dass Unternehmen, die regelmäßig gegen kritische Bewertungen vorgehen, im Durchschnitt besser dastehen als solche, die negative Bewertungen unkommentiert stehen lassen. Dadurch kann ein sehr gutes Unternehmen bei den Bewertungen deutlich schlechter abschneiden als ein weniger gutes, weil es sich nicht jedes Mal gegen Kritik zur Wehr setzt. Dies führt zu einer Wettbewerbsverzerrung und stellt die Glaubwürdigkeit der Bewertungen infrage.

Wie könnte man das Problem lösen?

Um das Problem zu lösen und die Glaubwürdigkeit von Google-Bewertungen wiederherzustellen, könnten mehrere Maßnahmen ergriffen werden. Erstens sollte Google den Überprüfungsprozess transparenter gestalten und klare Richtlinien veröffentlichen, nach welchen Kriterien eine Bewertung als „verleumderisch“ oder „unangemessen“ eingestuft wird. Zweitens könnte eine unabhängige Instanz oder ein automatisiertes System geschaffen werden, das sicherstellt, dass die Entfernung von Bewertungen objektiv und nicht voreingenommen erfolgt. Drittens sollte die Hürde für die Meldung von Bewertungen nicht zu niedrig angesetzt werden, damit Unternehmen nicht jede Kritik leichtfertig melden können. Darüber hinaus könnten Nutzer ermutigt werden, mit einem verifizierten Konto zu bewerten, um die Authentizität der Bewertungen zu erhöhen, während gleichzeitig ihre Privatsphäre gewahrt bleibt. Schließlich könnte Google einen Mechanismus einführen, der Nutzer auf eine faire Weise unterstützt, ihre Bewertungen zu verteidigen, ohne einen übermäßigen bürokratischen Aufwand zu verursachen.

Abschließend lässt sich sagen, dass das aktuelle System der Google-Bewertungen, das durch die einfache Möglichkeit zur Entfernung kritischer Stimmen anfällig für Missbrauch ist, seine Vertrauenswürdigkeit und Aussagekraft zunehmend verliert. Die Hürden für die Aufrechterhaltung legitimer, wenn auch kritischer Bewertungen sind derzeit zu hoch und begünstigen Unternehmen, die regelmäßig Beschwerden einreichen, während die Meinungen der Nutzer in den Hintergrund geraten. Um das Vertrauen in die Plattform wiederherzustellen, sind dringend Änderungen und mehr Transparenz erforderlich. Nur durch ein faires und transparentes Bewertungssystem kann gewährleistet werden, dass die Bewertungen tatsächlich die Erfahrungen und Meinungen der Nutzer widerspiegeln und damit wieder zu einer wertvollen Orientierungshilfe bei der Wahl von Restaurants, Hotels und anderen Dienstleistungen werden.

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